Ainigma – nomen est omen

Wer ist die Person, die über Jahre mit grosser Zuverlässigkeit die profil-Rätsel gelöst hat? Eine Spurensuche.

«Wie gehen Sie beim Rätselraten vor?» wäre eine der Fragen gewesen, die wir ihr gestellt hätten. Wir hätten uns in einer Tessiner Bar getroffen, soviel stand schon fest. Dann kam Corona, und das Interview mit der Person, die zuverlässig und hartnäckig wie keine zweite fast Nummer für Nummer die profil-Rätsel gelöst hat, fiel aus.
Wir erhielten die Antwort dann schriftlich: «Ich stelle mir vor, wie der Ersteller des Rätsels vorgegangen ist, welche Mittel er angewendet hat, was ihm wichtig war und versuche, mich in ihn hineinzuversetzen. Wie würde ich als Erstellerin vorgehen, welche Tricks anwenden, was würde ich fragen?» Mit weiteren Antworten schickte sie uns sogar ein paar Bilder, bat aber darum, ihre Anonymität zu wahren; «Ainigma» möchte sie genannt werden, die treueste unserer Rätsellöserinnen.

Nun denn, anstatt einfach ein Porträt zu lesen, versuchen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sich ein Bild zu machen aus den paar Facetten, die uns zur Verfügung stehen.

Ein Besen als Protest
Ainigma war ein aufgewecktes, sehr wissbegieriges Kind, hat enorm viel gelesen. Rätsel und Knobeleien faszinierten sie schon früh. Wir sehen das Mädchen Ainigma im Kindergartenalter festlich gekleidet an einem dritten Montag im April. Später am Tag wurde dann noch ein Schneemann mit Besen auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Soviel zu Ainigmas Heimatstadt. Ein Besen steht heute auch auf dem «Parkplatz» im Garten, auf der Südseite des Gotthards. Als Protest, weil die Gemeinde einen regulären Parkplatz beim Haus verweigert. «Mein zweites Auto ist der Besen», sagt Ainigma. Zwischen den beiden Bildern liegen viele Jahre. Ainigma war Lehrerin, hat auf allen Stufen unterrichtet, von der Unterstufe bis zum Gymnasium, auch erwachsene Leute. Nicht nur in den Sprachen, die sie studiert hatte, auch weitere
Fächer bis hin zum Werken; sie schreckte vor praktischen Herausforderungen nicht zurück. Davon zeugt der selbstgebaute Sonnenkocher nicht weit vom Hexenparkplatz, in dem mithilfe von Sonnenenergie leckere Risotti und Ratatouilles entstehen. Und ein paar Meter weiter stehen im Hofladen unter dem bunten Sonnenschirm Feigen aus dem
Garten, Konfitüren, Aromasalz zum Verkauf – und manchmal auch handwerkliche Arbeiten.

Vorliebe für Aussergewöhnliches
Ainigma, die für sich alle Arten Rätsel knackt, von Binoxxo bis Kakuro und mehr, hat auch im Unterricht gerne Rätsel eingebaut und mit ihrer Klasse auch schon mal bei einem profil-Rätsel einen Preis geholt. Ihr eigener (richtiger) Name tauchte mit beeindruckender Regelmässigkeit bei den richtigen Lösungen auf.

«Ich habe in allen Bereichen das gerne, was nicht 08/15 ist», schreibt sie. Das weckt unser Interesse und veranlasst uns, eine Video-Besprechung mit Ainigma zu organisieren. Dabei erfahren wir, dass sich ihre Vorliebe für das Aussergewöhnliche auch in ihrer Unterrichtsgestaltung niederschlug. Mit einer 6. Klasse habe sie zum Beispiel ein Krimi-Theater auf die Beine gestellt, bei dem Schülerinnen und Schüler von den Kulissen bis zu den Kostümen alles selbst gemacht hätten. Das sei in ihrem Umfeld nicht üblich gewesen und habe entsprechende Kommentare ausgelöst. So etwas Anspruchvolles habe man damals zwölfjährigen Kindern nicht zugetraut. Aber ihre Schülerinnen und Schüler  sollten aktiv und kreativ sein, eigene Geschichten schreiben, Krimis zum Beispiel, oder Comics zeichnen. «Ich liebe Comics und Satiren», sagt sie – die Begeisterung ist nicht zu überhören. Begeisterungsfähigkeit und Fantasie scheinen
Ainigmas Leben zu steuern, auch in der Phase des Unruhestandes, wie sie selbst sagt. Begonnen hat sie die Zeit ihrer Pensionierung als Assistentin auf der Tunnel-Baustelle am Monte Ceneri. Das sei ihr durch Zufall angeboten worden und habe gelockt, erzählt sie lachend.

Ein bisschen Rätsel muss sein
Wir haben noch von vielen anderen Plänen gehört; Arabisch lernen steht oben auf der Liste. Aber was das «Nido d’Acquila» mit Ainigma zu tun hat, müssen Sie schon selbst herausfinden. Ein bisschen Rätsel muss sein.